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Geschichte der Bretagne

 

Frühgeschichte

Aus der Mittelsteinzeit (dem Mesolithikum ca. 8000 - 3500 v. Chr.) stammen die ersten Zeugnisse einer Besiedlung. Am Oust, nordwestlich von Redon, fanden Wissenschaftler Gegenstände des täglichen Lebens und auf den Inseln Téviec und Hoëdic im Golf von Morbihan, Gräber mit Schmuck und Feuersteingeräten. Ein paar hundert Jahre später fingen die Leute an Steine zu bearbeiten und die Gegend damit zu verzieren. Während dieses, als Megalithkultur bekannt gewordenen Zeitalters errichteten sie alleinstehende (Menhir), in Reihen stehende (Alignements) und in Halbkreisen angeordnete (Cromlechs) Denkmäler und Grabanlagen (Dolmen). Es gibt nirgens auf der Welt so viele Hinkelsteine (oder etwas wissenschaftlicher ausgedrückt: Megalithen) wie in der Bretagne und trotzdem wissen die, in diesem Fall wohl eher Unwissenschaftler, fast nichts über den Sinn und Zweck dieser Jungsteinzeitkulturgüter.

Das läßt viel Raum für Phantasie. Das einzige was als gesichert gilt ist die Tatsache, dass die Steine zwischen 5000 und 1500 v. Chr. aufgestellt wurden und dass Dolmen Grabanlagen sind, oder besser waren;-). Der Totenkult spielte eine große Rolle, so wurden viele der Dolmen mit geometrischen Figuren, Fruchtbarkeitssymbolen und Tieren verziert. Während der Bronzezeit (1800 bis 600 v. Chr.) wurden mehr Hügelgräber geschaffen. Den Toten wurde Schmuck und Waffen mit ins Grab gegeben. Was davon noch gefunden wurde kann man heute in den prähistorischen Museen von Carnac, Penmarc'h, Rennes und Vannes anschauen.

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Die Kelten kommen

Die Bezeichnung Armorika, abgeleitet von Armor, Land am Meer, verdankt die Bretagne dem Volk, das aus der Dunkelheit kam, den Kelten, die um 500 v. Chr. im Zuge der Eroberung der Welt hier einfielen und nicht wieder weg wollten. Diese Eroberung reichte von den britischen Inseln über Mitteleuropa bis nach Kleinasien. In Istanbul gibt es heute noch den Stadtteil der nach den Kelten benannt ist: Galata = Gallien. Es war allerdings nicht das Werk eines einzelnen Herrschers, der seinen Machtbereich ausdehnen wollte, sondern jeder Stammesherrscher versuchte seinen Einflussbereich zu vergrössern. Da sie sich auch untereinander bekriegten, verhinderten sie einen Zusammenschluss zu grösseren Verbänden oder Staaten. Dies wiederum begünstigte später den raschen Verfall des "keltischen Weltreiches". Das man heute so gute Kenntnisse über die keltische Spätzeit hat, verdankt man einem weiteren Eroberer, bzw seiner Schilderung der Eroberung Galliens 'De Bello Gallo', Julius Cäsar. Die Kelten siedelten in offenen Dörfern oder einzelnen Gehöften. Als Schutz vor Übergriffen dienten höhergelegene Fluchtstätten, die später befestigt wurden und sich schlielich zu Handels- und Handwerkszentren (und natürlich Verwaltungszentren, denn wo gearbeitet wird kommen auch Beamte) entwickelten.

Da es noch keine Schriftsprache gab, waren die geistlichen Führer, die Druiden, Frauen und Männer mit einem hervorragenden Gedächtnis, damit die Kulturgeschichte auch weitergegeben werden konnte. Die Verehrung natürlicher Götter und der Fruchtbarkeitskult waren Zeichen der keltischen Religion. Die Kultstätten fand man in Wäldern und an Quellen.

Im Laufe der Jahre entwickelten sich 5 Stämme, die allerdings keine politische Einheit bildeten, sondern untereinander zerstritten waren. Diese waren: die Coriosoliter mit ihrem Hauptsitz Corseul, im Norden, die Redoner in Rennes, im Osten, die Namneter in Nantes im Südosten, die Veneter in Vannes, im Süden und die Osismier in Carhaix, im Nordosten. Zu Beginn der römischen Eroberung waren die Veneter der mächtigste Stamm, sie herrschten über die Anderen, kontrollierten den Schiffverkehr auf dem Atlantik und die Zinnminen. Im Jahre 57 v. Chr. standen sie an der Spitze des Bundes aller bretonischen Stämme gegen Cäsar.

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Unter römischer Herrschaft

Nach der Entscheidungsschlacht , die 56 v. Chr. im Golf von Morbihan stattfand, wurden von den gefangenen Veneter alle Adeligen getötet und die Anderen verkauft. Der Rest Armorikas war dann schnell erobert. Es folgten 350 relativ friedliche Jahre. Armorika gehörte zur römischen Provinz Lugdunensis und die Römer brachten nicht nur Unterdrückung. Es wurden Straßen gebaut und Städte vergrößert und befestigt. Condevicnum (Nantes) wurde ein wichtiger Umschlagplatz zwischen Binnen- und Meeresschiffahrt und Condate (Rennes) der Binnenverkehrsknotenpunkt. Der Fischfang, die Eisenerzförderung und die Gewinnung von Meersalz wurden ausgeweitet. Den Reichtum, den die Römer brachten mussten die Kelten mit der Aufgabe ihrer Kultur bezahlen. Sie vermischten sich mit den Römern und gaben größtenteils ihre Sprache und ihre Lebensart auf.

Es gelang den Römern allerdings nicht die keltische Kultur ganz auszulöschen. Als sich im 3. Jahrhundert die Macht des römischen Reiches dem Ende zuneigte spürte man das auch in Armorika. Es dauerte zwar noch bis in die Mitte des 5. Jahrhundertes bis alle Römer verschwunden waren, aber ihr Einfluß nahm in der Zeit stetig von Westen her ab. Nachteil an der Sache war, dass jetzt sogenannte Barbaren mordend und plündernd übers Land ziehen konnten und dabei ganze Landstriche verwüsteten. Piraten aus der Nordsee machten auch vor der Küste Armorikas nicht Halt und so wurden früher offene Städte und Küstenorte mit dicken Mauern verschanzt.

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Die friedliche Eroberung durch die Briten

Die Römer gingen und die irischen Kelten kamen. Auf der Flucht vor den heidnischen Angeln, Sachsen und Jüten, die über die britischen Inseln und Irland herfielen und den schottischen Pikten, die ihren Machtbereich etwas ausdehnen wollten, zogen diese christianisierten Kelten in Armorika ein. Diese hauptsächlich friedlichen Eroberungen, größere, gewaltsame Einwände waren nur im Osten zu spüren, dauerten ungefähr 200 Jahre und verliefen immer nach dem gleichen Muster. Hauptsächlich landeten Kirchenmänner, alleine oder mit ihren Clans, wurden sesshaft und nach kurzer Zeit entstanden dort neue Siedlungen. Die damals entstandenen Ortsnamen lassen Rückschlüsse auf den Gründer zu. Ein 'plou' im Ortsnamen bedeutet eine ganze Pfarrgemeinde, 'tré' steht für Pfarrei und 'lan' für eine Einsiedelei, in der Regel gefolgt vom Namen des Gründers. Die irischen Kelten christianisierten die armorikanischen Kelten und brachten ihnen wieder ihre Sprache bei.

Als Dank benannte man Städte und Ortschaften nach den Missionaren und die ersten Bischöfe der sieben bretonischen Bistümer wurden zu den heiligen Gründungsvätern der Bretagne erklärt. Von den inzwischen 7777 Heiligen der Bretagne wurden die meisten in jener Zeit geehrt.

Der Name Bretagne stammt auch aus dieser Zeit, er geht auf den fränkischen Historiographen Gregor von Tours zurück, der den Begriff Britannien einführte. So wurde aus Armorika die Bretagne, was so viel wie Kleinbritannien bedeutet.

In den folgenden 1000 Jahren hatten die Bretonen hauptsächlich damit zu tun, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Sie konnten sich nicht darüber einigen wer die Führungsrolle übernehmen durfte. Ausserdem mussten sie sich gegen eindringende Feinde zur Wehr setzen und gegen die Machtansprüche anderer Reiche.

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Herzogtum und Königreich

Der erste Markgraf der Bretagne war Roland, ein fränkischer Aristokrat und Neffe Karls der Großen. Karl hatte 799 die Bretagne erobert und aus den Grafschaften Nantes, Rennes und Vannes eine Mark gemacht. Da die Bretonen in den Jahren darauf immer wieder mit Aufständen antworteten ernannte Karls Nachfolger Ludwig der Fromme den Grafen von Vannes Nominoë zum Herzog der Bretagne. Dieser bedankte sich, allerdings erst bei Ludwigs Nachfolger Karl dem Kahlen, mit einem Aufstand, bei dem sich Nominoë zum Herzog ernannte. Bei Redon besiegte er den kahlen Karl im Jahre 845 und konnte das bretonische Reich noch etwas nach Osten ausdehnen. Sein Sohn Erispoë war mit dem Titel nicht so zufrieden und nannte sich König. Auch er besiegte Karl den Kahlen, diesmal allerdings 851 bei Le Grand Fougeray. Karl unterschrieb einen Vertrag, in dem er ein unabhängiges bretonisches Königreich anerkannte. Sechs Jahre konnte sich Erispoë an seinem Sieg erfreuen, dann wurde er von seinem Vetter Salaün ermordet. Unter Salomon, wie Salaün auch genannt wurde, erreichte die Bretagne ihre größte Ausdehnung. Er eroberte noch Anjoun, Avrachin und Cotentin.

Einer der einfallenden Volksstämme, die die Bretagne immer wieder heimsuchten waren die Normannen. Sie überfielen hauptsächlich Kloster und kirchliche Gebäude, da man hier die fetteste Beute fand. Im Jahre 939 wurden sie vom letzten König der nur 100 Jahre dauernden 1. Herrscherdynastie der Bretagne, Alain Barbe-Torte endgültig aus der Bretagne vertrieben. König Zwirbelbart starb 952 und die Adligen waren sich nur in dem Punkte einig, dass es keine Weiterführung des Königreiches gab. Der herzögliche Herrschertitel wechselte in den folgenden Jahrhunderten häufig den Besitzer, genauso der Sitz des Herrschers. Verschiedene Herzöge riefen Frankreich oder die Engländer zu Hilfe. Auch Heinrich der II. König von England wurde im 12. Jahrhundert Herzog der Bretagne. Das Hickhack dauerte bis ins Jahr 1213, als sogar ein Franzose, Pierre de Mauclerc, die Herzogswürde ergatterte. Allerdings gelang es diesem Franzosen, die Bretagne relativ ruhig und unabhängig zu halten. Er und seine Nachfolger erreichten damit auch einen 130 Jahre währenden Wirtschaftsaufschwung. Sein letztzer Nachfolger Jean III. starb im Jahre 1341 ohne Kinder und schon gab es wieder einen Grund zu Streiten.

England unterstützte den Halbbruder des Verstorbenen, Jean de Montfort, Frankreich unterstützte Charles de Blois, den Gatten einer Nichte des Herzogs. Und jetzt krachte es richtig lange. Über 20 Jahre dauerten die blutigen Auseinandersetzungen, die gleichzeitig auch einer der erste Teile des Hundertjährigen Krieges (1339 - 1453) zwischen Frankreich und England waren. Erst 1364 konnte der Sohn des Jean de Montfort, Jean de Montfort den Sieg über die Truppen des Charles de Blois, der selbst fiel, in der Schlacht bei Auray davontragen. Da die Franzosen diesmal auf der falschen Seite gekämpft hatten, musste Karl V. den Sieger als neuen Herzog der Bretagne anerkennen. (Eine ausführliche Schilderung dieser Auseinandersetzung finden Sie in Baedeckers Alliance Reiseführer Bretagne, Seite 160)

Die Herzöge von Montfort erreichten wieder eine lange Zeit der Ruhe und des Wohlstandes. Die Wirtschaft florierte und die Kultur blühte. Der Bretagne ging es gut, so gut sogar, dass sie nach Burgund zum zweiten Machtpfeiler des französichen Königreiches wurde.

Einem Montfort, genauer geschrieben François II. ging es dann zu gut. Er wollte wieder eine vollkommen unabhängige Bretagne und legte sich mit Karl VIII. an, einem bekanntermaßen unangenehmen Zeitgenossen. François II. verlor dann auch glatt in der Schlacht von St. Aubin du Cormier im Jahre 1488 und musste dem zukünftigen König nicht nur den Lehnseid schwören, sondern auch zugestehen, dass seine Tochter Anne nicht ohne Einwilligung Karls heiraten durfte. Diese Schmach musste er nicht lange ertragen, er starb kurz darauf an seinem Kummer. Seine Tochter wurde daraufhin Kaiser Maximilian von Österreich versprochen, worauf Karl VIII. mit reichlich Gefolge Anne besuchte und selber die Zwölfjährige heiratete. 1498 starb Karl und Anne musste dessen Nachfolger Ludwig XII. heiraten. Sie erreichte allerdings nicht nur, dass sie Herzogin der Bretagne blieb und diese ein souveränes Herzogtum, sondern auch, dass ihr jüngster Sohn oder dessen Erben die Herzogswürde erben sollten. Leider hatte sie weder aus der Ehe mit Karl noch aus der mit Ludwig einen Sohn. Ihre Tochter Claude (Vater Ludwig) durfte Franz I. heiraten, den späteren französischen König. Als der endlich den Thron besteigen durfte, bekam er von Claude das Herzogtum Bretagne geschenkt. Claude starb 1524 und mit ihr der Titel Herzog oder in dem Fall Herzogin in der Bretagne.

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